Professor umringt von seinen Studierenden
Forschung

Subjektive Theorien zu Beratung und Beratungshandeln

Forschungsprojekt Subjektive Theorien zu Beratung und Beratungshandeln

Projektleitung
Prof. Dr. Jane Porath

Projektzeitraum
2023
 

Beschreibung

Theoretischer Hintergrund
Subjektive Theorien sind nach Groeben (1988) komplexe Ansammlungen von Kognitionen der Selbst- und Weltsicht und können u. a. zur Erklärung und Prognose dienen. Es lässt sich begründet annehmen, dass sie die Wahrnehmungen und Handlungen von Menschen beeinflussen (vgl. z. B. Dann 1983). Bromme, Kienhues und Stahl (2008) konnten auf empirischer Basis herausarbeiten, dass je nach Tätigkeit bestimmte Vorstellungen notwendig bzw. vorteilhaft sind. Daher müssen Personen in der Lage sein, je nach Tätigkeit und möglicherweise auch Thematik flexibel die jeweils vorteilhaften Vorstellungen zu aktivieren. Subjektive Theorien entstehen durch die individuelle Konstruktionsleistung eines Menschen in der Auseinandersetzung mit der sozialen Umwelt, also in der Interaktion mit Anderen (vgl. Buehl & Alexander 2006; Muis, Bendixen & Haerle 2006). In dieser Interaktion schiebt eine Person anderen Personen Handlungserwartungen unter, die passend zum eigenen Selbst- und Weltverständnis sind. Wird diese Erwartung erfüllt, dann werden die eigenen Überzeugungen verfestigt.
Für Lehrkräfte und Führungskräfte konnte in zahlreichen Studien das Vorliegen subjektiver Theorien bereits nachgewiesen werden. Es ist anzunehmen, dass auch Berater:innen und Vermittler:innen neben bewussten Wissensanteilen (wissenschaftlichen Theorien) zu Beratung und Beratungshandeln, die beispielsweise im Studium erworben wurden, auch subjektive Vorstellungen und Theorien zu Beratung und Beratungshandeln haben, die zumeist unbewusst sind, aber handlungsleitend und handlungssteuernd sein und somit den Verlauf und den Ausgang von Beratungssituationen beeinflussen können. 

Untersuchungsdesign

Im Projekt „Subjektive Theorien zu Beratung und Beratungshandeln“ wurde mittels Netzinterviews der Versuch zur Erfassung und Sichtbarmachung subjektiver Theorien unternommen. In der Interviewmethode ging es nicht um das Erinnern ganz konkreter Beratungssituationen, sondern um das Erinnern von Beraterinnen und Beratern. Konkret sollten zwei Berater:innen, die die Interviewpartner als gute Berater:innen wahrnahmen, zwei, die sie als mittlere und zwei, die sie als schlechte Berater:innen wahrnahmen, ins Gedächtnis gerufen werden (Personen = Elemente). Im Interview wurden aus diesen Elementen so genannte Triaden gebildet zu denen die immer gleiche Frage gestellt wurde: Was haben diese zwei Personen in Bezug auf Beratung und Beratungshandeln gemeinsam, dass sie von dieser dritten Person unterscheidet. Die Interviewaussagen wurden in so genannten Konstruktpolen (Gemeinsamkeiten) und Kontrastpolen (Unterschiede) erfasst.
Das Untersuchungsdesign sah einen qualitativen Forschungszugang vor. Zunächst wurden die 36 Netzinterviews – mit Studierenden der Studiengänge „Arbeitsmarktmanagement“ und „Beratung für Bildung, Beruf und Beschäftigung“, Absolvent:innen, Vermittlerinnen und Vermittler, Beraterinnen und Berater – frequenzanalytisch und anschließend inhaltsanalytisch ausgewertet.
 

Frequenzanalyse und Inhaltsanalyse

Mittels Frequenzanalyse konnte den Fragen nachgegangen werden, wie viele Triaden beantwortet wurden, wie die Anzahl der Aussagen, verschiedenen Konstrukte sowie der Aussagen je Triade sind. In der Inhaltsanalyse wurde eine Verschlagwortung der Konstrukte und eine Strukturierung der Verschlagwortung vorgenommen. Darüber hinaus konnte beantwortet werden, auf welche wissenschaftlichen Konstrukte die Schlagworte referieren, welche wissenschaftlichen Bereiche nicht benannt und welche Aspekte über die wissenschaftlichen Konstrukte hinaus erwähnt werden.
 

Ergebnis

Aus den Interviewantworten und Kategorisierungen lässt sich ableiten, dass wenn subjektive Theorien bewusst gemacht werden sollen, folgende wissenschaftliche Konstrukte herangezogen werden sollten: 

  1. Allgemeines Kompetenzmodell (Fachkompetenz, Soziale Kompetenz, Umsetzungskompetenz, Personale Kompetenzen)
  2. Soziale Wahrnehmung (inkl. Biases, z. B. Halo-Effekt)
  3. Implizite Persönlichkeitstheorien
  4. Situative Bedingungen