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Vortrag von Dr. Hai X. Nguyen

– Vietnam: Der Übergang von Planwirtschaft zu Marktwirtschaft und die Modellierung des Arbeitsmarktes

Mit großem Interesse folgten am 18.01.23 an die 150 Teilnehmenden dem Online-Vortrag von Dr. Hai X. Nguyen aus Vietnam vom Department of Employment/Ministry of Labour, Invalids and Social Affairs. Direkt aus Hanoi zugeschaltet gab Dr. Hai einen spannenden Einblick in die Entwicklung des vietnamesischen Arbeitsmarktes ab 1986 und damit nach Ende eines lange währenden Bürgerkriegs. Prof. Dr. M. Tuan Nguyen, Moderator der Veranstaltung, begrüßte die Anwesenden im Rahmen der Internationalen Ringvorlesung, in der sein Vortrag eingebettet ist. 

Mit dem Titel des Vortrags "A brief history of labour market developments in Vietnam: Zooming into the challenges of informal labour“ adressierte Dr. Hai zwei Themenschwerpunkte. Zum einen den Übergang von einer Planwirtschaft zur Marktwirtschaft und die Phasen der staatlichen Interventionen. Im Zuge der letzten fast 20 Jahre erfolgte schrittweise der Aufbau einer staatlichen Regulierung, die seinen Ursprung im Jahr 1994 mit dem „labour code“. Seit 1986 zeichnete sich aufgrund der positiven Wirtschaftsentwicklung ab, dass sich eine nach vietnamesischen Standards breitere Mittelschicht entwickeln konnte, die durch Arbeit ein existenzsicherndes Einkommen generierte und darüber hinaus zum Teil einen bescheidenen Wohlstand erwirtschaftete. Entwicklungen im (Aus)Bildungssystem konnten nicht gleichermaßen mitziehen, um zeitgleich einer breiteren Bevölkerungsschicht Qualifizierung zu ermöglichen. Diese Effekte zeigen sich auch in aktuellen Zahlen, die den informellen Sektor betreffen. Von den ca. 50-54 Millionen arbeitenden Menschen werden etwa 2/3 zu den so genannten informellen Arbeitern gezählt („informell worker“). Dieser zweite Themenschwerpunkt im Vortrag verdeutlichte, dass informelle Arbeit eine Normalität in Vietnam und gleichzeitig eine große staatliche Herausforderung darstellt. Diese Daseinsform ist informell, aber nicht illegal. Typischerweise sind informell arbeitende Menschen gering qualifiziert und aufgrund der Unstetigkeiten, die diese Beschäftigungsform mitbringt, als Entwicklungshemmung auf der Makroebene zu verstehen. Künftig gelte es diese arbeitsmarktpolitische Herausforderung zu meistern, um der weiteren gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklung Vorschub zu leisten.

Vietnam wird – auch wenn derzeit noch jung im Bevölkerungsdurchschnitt – ebenfalls mit nachteiligen demografischen Effekten in absehbarer Zeit konfrontiert und muss sich bereits gegenwärtig mit Klimakrisen und globalen technologischen Entwicklungen auseinandersetzen. Hier aufzuholen, schrittzuhalten und Lösungen zu finden, sind staatliche Aufgaben, die von diesem noch nicht in Gänze erbracht werden können. Daher betonte Dr. Hai ein großes Interesse am Wissenstransfer mit Deutschland, da Deutschland als erfolgreiches Land der Bewältigung der Pandemiekrise rezipiert worden sei und daran geknüpft die Rolle der Bundesagentur für Arbeit – zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes – hervorgehoben würde.

„Vorträge, die den Blick in Regionen dieser Welt – wie Vietnam und damit Asien werfen -, ermöglichen es uns als HdBA, über den Tellerrand zu schauen, zu vergleichen und nutzbringende Schlussfolgerungen zu ziehen“ – so eine der Organisatorinnen der Internationalen Vorlesungsreihe, Prof. Dr. Türkan Ayan.