Topographie des Terrors
Bis 8. Oktober 2019 zeigt eine Ausstellung im Dokumentations- zentrum „Topografie des Terrors“ in Berlin, wie das Reichsarbeitsministerium und die Arbeitsämter die NS-Herrschaft stützten.
Die Ausstellung basiert auf den Ergebnissen einer vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) berufenen unabhängigen Historikerkommission und baut auf die Unterstützung der historischen Sammlung der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (HdBA) in Mannheim.
Der Bereich Bibliothek und Medien, der für die Führung und den Aufbau der Sammlung zur Entwicklung der Arbeitsverwaltung in Deutschland (SEAD) zuständig ist, erwirbt Unterlagen, Objekte und Medien, welche die Entwicklung der deutschen Arbeitsverwaltung seit ihren Anfängen im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts dokumentieren, und macht sie der Öffentlichkeit und der Forschung zugänglich.
Schon das Titelbild zur Berliner Ausstellung stammt aus dem Spezialfundus der HdBA. Es zeigt vermutlich ein Büro des damaligen Arbeitsamts Niederlahnstein. Vom Campus Mannheim wurde auch eine seltene Aufnahme von Friedrich Syrup, Staatssekretär im Reichsarbeitsministerium, aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges beigesteuert (Bild oben). Er war bis Ende 1938 Präsident der bis dahin formal selbstständigen Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung.
Beteiligung an Diskriminierung und Entrechtung
Die von der Historikerin Dr. Swantje Greve kuratierte Ausstellung zeichnet ein klares Bild: Das bisher meist als einflusslos dargestellte Reichsarbeitsministerium beteiligte sich an der Diskriminierung und Entrechtung verschiedener Bevölkerungsgruppen. Als „arbeitsscheu" stigmatisierte Menschen wurden häufig in Konzentrationslager verschleppt. Für Juden galt ab 1938 ein uneingeschränkter Arbeitszwang. Zugleich wurde angeordnet, dass ihr Einsatz isoliert von der übrigen Belegschaft zu erfolgen habe. Ab 1940 stellte das Ministerium die Rentenzahlung an deportierte Juden vollständig ein.
Rekrutierung ausländischer Arbeitskräfte
Die deutschen Arbeitsämter wirkten auch maßgeblich an der Rekrutierung von ausländischen Arbeitskräften mit. Ende 1943 waren 2.500 Mitarbeiter aus dem Reichsarbeitsministerium und den nachgeordneten Behörden in den besetzten Gebieten tätig. Ein Ausstellungskapitel zeigt die Vorgänge in der Ukraine: Als es „Werbekommissionen" immer weniger gelang, den riesigen Arbeitskräftebedarf zu decken, wendeten „Arbeitseinsatzstäbe" immer häufiger brutale Gewalt an. Mitarbeiter der Arbeitsämter in den Ghettos teilten die Bewohner in „arbeitsfähig" und „nicht arbeitsfähig" ein und entschieden so über Leben und Tod.
Biografien zeigen Beteiligung und Widerstand
Viele in der Arbeitsverwaltung tätige Beamte und Angestellte stellten sich bereitwillig in den Dienst des NS-Regimes, wie eine Reihe von Biografien deutlich machen. Besucherinnen und Besucher der Ausstellung werden aber auch auf ambivalente Karrieren und auf einzelne Widerstandshandlungen aufmerksam gemacht. Zum Beispiel unterstützte der Ministeriumsreferent Oskar Karstedt jüdische Staatsbürger, die gegen Berufsverbote vorgingen. Ludwig Münz, Leiter des Pressereferats, beauftragte Autoren, die mit einem Schreibverbot belegt waren. Wegen der Beherbergung eines flüchtigen Widerstandskämpfers wurde er 1944 von der Gestapo inhaftiert, konnte aber zum Kriegsende befreit werden. An diese und weitere Beispiele für Mut zu erinnern, gehört zu den vielen Verdiensten der Ausstellung. Stefan Pabst, Hochschule der BA.
Weitere Informationen unter Link zur Sammlung der BA zur Entwicklung der Arbeitsverwaltung in Deutschland
Zur Ausstellung
3. April bis 8. Oktober 2019
Dokumentationszentrum Topographie des Terrors
Niederkirchnerstraße 8,
10963 Berlin-Kreuzberg
Montag - Sonntag 10- 20 Uhr